Piriformis-Syndrom – Was bedeutet das?

Vereinfacht gesagt, verläuft der Ischiasnerv am Piriformis-Muskel vorbei. Ist der Piriformis aus irgendeinem Grund verhärtet, verkürzt oder entzündet, entsteht ein Engpass, und er drückt er auf den Ischias. Einmal gereizt, strahlt dieser dann den typischen hellen, stechenden Schmerz in Hüfte, Gesäß und Beine. Auslöser können beispielsweise zu viel Stress, Fehlhaltung und langes Sitzen sein. Laut Alicia Filley, Expertin für Fitness und Gesundheit, gibt es weitere Krankheitsbilder: So treten gelegentlich auch Taubheitsgefühl und Kribbeln – ähnlich einem Stromschlag – auf, beides kann bis in die Wade und Zehen reichen. Auch können massive Schmerzen in der Kniegegend empfunden werden. Neben diesen Symptomen können auch lumbale Rückenschmerzen (Schmerzen im unteren Rücken) auftreten, die bei längerem Sitzen schlimmer werden

Der Alltag – unser schlimmster Feind

Ein Sturz oder eintönige Belastungen, wie beispielsweise langes Sitzen am Schreibtisch oder im Auto, gehören zu den meisten Ursachen für einen gereizten Piriformis. Drückt dabei zusätzlich der Geldbeutel ins Gesäß, verstärkt dies die Reizung. Denn es wird über längere Zeit Druck auf Muskel und Nerv ausgeübt. Unser Körper ist nicht darauf ausgerichtet, lange Zeit still zu sitzen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Menschen den größten Teil des Tages auf den Beinen waren, sei es um zu jagen oder Feld- beziehungsweise Hausarbeit zu verrichteten. Die Wirbelsäule war dabei den unterschiedlichsten Anforderungen ausgesetzt und somit ständig in Bewegung, und zwar in alle Richtungen. Heutzutage nehmen uns viele Geräte die Arbeit ab mit der Folge, dass wir die meiste Zeit sitzend verbringen – und dies nicht nur während der Arbeitszeit, sondern auch zu Hause: vor dem Rechner, dem Fernseher oder dem Smartphone. Unser Bewegungsapparat verkümmert, der untere Rücken wird zum zentralen Stützpunkt: Ischialgie, Piriformis-Syndrom oder Rückenschmerzen sind nur eine Frage der Zeit

Der Musculus piriformis

Der Musculus piriformis ist ein kleiner birnenförmiger, aber wichtiger Muskel, der von der Spitze des großen Rollhügels (dem Trochanter major – er dient als Ansatz der Gesäßmuskulatur) aufwärts und nach hinten gemeinsam mit dem Ischias durch das große Sitzbeinloch (Foramen ischiadicum majus ) zur Vorderseite des Kreuzbeins (Os sacrum) verläuft. Dabei kreuzt er das Hüft- und das Iliosakralgelenk. Der Piriformis dient dem Hüftgelenk u.a. bei der Außenrotation und beim Abspreizen des Oberschenkels sowie zusätzlich als flexibler Beckenstabilisator.

Der fingerbreite Ischias, in der Medizin als Nervus ischiadicus oder abgekürzt Ischiadikus bezeichnet, ist der stärkste Nerv des Menschen. Er hat seinen Ursprung im Rückenmark in Höhe des 4. Lendenwirbels bis 3. Kreuzwirbels. Bei vielen Menschen tritt er im Becken direkt unterhalb des Piriformis-Muskels aus. Von dort verläuft er weiter durch die Beckenmuskulatur und über die Rückseiten der Oberschenkel bis in die Kniekehle. Danach verzweigt er sich und schickt seine Nervenstränge bis in die Fußspitzen.

Alicia Filley verweist auf eine US-amerikanische Studie, bei der Forscher 239 Patienten untersuchten, die an einer Ischialgie litten, die nicht in Zusammenhang mit der Bandscheibe stand. Viele dieser Patienten waren im Vorfeld an der Lendenwirbelsäule operiert worden, weil man als Ursache für die Schmerzen einen Bandscheibenvorfall vermutet hatte. In den meisten Fällen hatte dies allerdings nur wenig oder gar keine Linderung gebracht.

Dehnungsübungen helfen zwar, die Verspannung zu lösen, doch der Erfolg ist meist nur von kurzer Dauer, denn mit diesen Übungen arbeiten Sie an dem Symptom, nicht aber an der Ursache. Der Muskel bleibt kraftlos, und durch die alltäglichen Belastungen kehren die Verspannungen schnell wieder. Der Grund: Der Muskel verspannt, weil er überfordert ist durch Überbelastung, Fehlbelastung oder eine schlechte Körperhaltung. Der Musculus piriformis und auch die benachbarten Muskeln können ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen und »resignieren«. Daher gilt es, diese Muskeln langfristig zu kräftigen, damit sie leistungsfähiger arbeiten können.

Bewusste Bewegung ist die beste Vorbeugung und Therapie

Vom Piriformis-Syndrom sind keineswegs nur die Vielsitzer betroffen. Neben der Unterund Fehlbelastung kann auch die Überbelastung oder eine Mischung aus mehreren Komponenten zu schmerzhaften Folgen führen. Nicht selten trifft es Läufer oder Triathleten. Durch schlechte Lauftechnik, hohe Trainingsumfänge und zu schnelle Steigerung der Trainingsumfänge wird der Piriformis übermäßig beansprucht. Auch Geländeunterschiede oder das Laufen in alten Schuhen üben Stress auf sowieso schon belastete Strukturen aus. Gerade wer in seiner Sportart hohe Trainingsumfänge absolviert, verliert neben dem Laufen, Radfahren oder Schwimmen häufig das allgemeine Krafttraining aus den Augen. Wenn die primär arbeitenden Muskeln ermüden, müssen die kleineren Hilfsmuskeln wie der Piriformis härter arbeiten, um Fehlbelastungen zu vermeiden. Doch auch dessen Grenzen sind irgendwann erreicht – und dann reagiert auch dieser mit Verspannungen, Reizungen oder gar Entzündungen.

Faszien – was ist das?

Über Faszien wird derzeit ständig berichtet – und das zu Recht. Kein anderes Gewebe erfährt seit einer Weile so viel Aufmerksamkeit und Interesse. Doch was steckt überhaupt dahinter? Faszien sind im Grunde nichts anderes als Bindegewebe. Dank neuer wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden wissen wir heute jedoch, dass sie nicht nur verbindende Funktionen übernehmen, sondern ein sehr aktives Gewebe sind, das viele Aufgaben im Körper hat, unter anderem wenn es um Statik und Kraftübertragung geht. Gesunde Faszien sind elastisch. Durch Unter- und Überforderung, Fehlbelastungen oder Verletzungen kommt es aber leider zu Veränderungen im Gewebe, die die Geschmeidigkeit einschränken. Faszien neigen dazu, zu verkleben, wenn sie nicht oder einseitig beansprucht werden. Diese Verklebungen äußern sich zunächst als Verspannungen, die man meist mit den Händen ertasten kann. Da in unserem Körper alles miteinander in Verbindung steht, beeinflussen diese Verspannungen natürlich unsere Statik und Bewegungsqualität. Was aber hat das mit dem Piriformis zu tun? Schmerzen im Piriformis sind oft ein (Ver-) Spannungsproblem. Mit der Kugel oder Faszienrolle können Sie genau an der betroffenen Stelle selbst aktiv werden.